Um die AHV zu retten will uns die Politik mehr Arbeitsjahre aufbrummen. Wenn man länger lebt soll auch länger gearbeitet werden. Dieser Grundsatz ist sicher logisch und nachvollziehbar. Körper und Geist machen aber oft nicht mehr mit und die Menschen können die immer höheren und neuen Anforderungen nicht mehr bewältigen. Irgendwann bleibt man auf der Strecke und es wird immer schwieriger, sich selbst zu helfen. In diese Lücke springt Tandem 50 plus mit ihrem Mentoring-Programm.
Die Politiker rechnen uns immer wieder vor, dass immer weniger Berufstätige mit der gleichen Anzahl von Arbeitsjahren immer mehr Rentner, die immer älter werden, finanzieren müssen. Eine ideale Lösung wurde trotz jahrelangen Diskussionen nicht gefunden. Sie zu finden ist auch unmöglich. Sollen wir bis siebzig arbeiten, weil wir eine entsprechend grössere Lebenserwartung haben? Der Verschleiss des Körpers mit Krankheiten und ersten Gebrechen tritt oft schon früher ein. Zudem werden Leute zwischen 40 und 50 oft schon gar nicht mehr eingestellt. Sie sind zu teuer und werden wegen den steigenden Pensionskassenbeiträgen mit zunehmendem Alter noch teurer. Vielleicht sollte man auch dieses Beitrags- und Lohnsystem einmal gründlich überdenken. Bei der AHV ist der Beitragssatz ein Leben lang gleich. Warum hebt man den Satz bei jüngeren und mittelalterlichen Arbeitnehmern nicht moderat an und senkt ihn bei den Älteren. Zudem muss auch der Lohn nicht unbedingt jedes Jahr bis zu Pensionierung ansteigen. Es wurde schon diskutiert, diesen in den letzten Arbeitsjahren wieder zu senken. Dieses System entlastet die Arbeitgeber und erhöht die Chancen der Stellensuchenden. Die meisten sind in den letzten Arbeitsjahren auch nicht mehr auf den hohen Lohn angewiesen. Man muss aber differenzieren und nicht wie bei anderen Projekten die Lösung auf dem Buckel der niedrigen Einkommen suchen.
Tandem 50 hilft
Tandem 50 plus ist ein Mentoringprogramm von benevol Baselland und dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit. Stellensuchende zwischen 50 und 60 Jahren werden von freiwilligen, berufserfahrenen und wirtschaftlich gut vernetzten Persönlichkeiten begleitet und in ihrem Wiedereinstieg in die Berufswelt unterstützt. Sie erarbeiten gemeinsam die Grundlagen für ein neues berufliches Engagement. Die Arbeit der Mentoren ist sehr vielschichtig. Bei regelmässigen Treffen mit ihren Mandanten werden Stelleninserate analysiert und besprochen und Bewerbungsunterlagen optimiert. Geübt wird der Auftritt bei Bewerbungsgesprächen, und bei Misserfolgen, die nicht zu vermeiden sind, ist immer eine tröstende und Mut zusprechende Person in der Nähe.
Die Personalberatung des RAV informiert Stellensuchende über das Programm. Diese müssen sich schriftlich bewerben. Nach einem Aufnahmegespräch vermittelt die Leitung von Tandem 50 plus einen geeigneten Mentor. Zu dritt werden das gemeinsame Ziel und die Art der Zusammenarbeit besprochen und festgehalten. Ein Tandem-Projekt dauert etwa vier Monate und wird mit einem Abschlussgespräch beendet.
Wer sich engagieren und seine Kompetenzen zur Verfügung stellen will erhält weitere Informationen bei www.tandem-baselland.ch oder 061-921 71 92.
Letzte Woche wurde das Programm unter Anwesenheit von Regierungsrat Thomas Weber, dem Programmleiter Claude Lachat, Lukas Kilcher (Ebenrain) und verschiedenen bereits aktiven, aber auch interessierten Mentoren im Baselbieter Schloss Ebenrain vorgestellt.
Weber sagte in seiner Rede, dass Menschen über 50 nicht häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen seien. Wenn dieser Fall aber eintritt «dauert es in der Regel wesentlich länger, bis sie wieder eine neue Anstellung gefunden haben». Er lobte das Angebot, denn «es besticht durch das Vorgehen, dass Mentorinnen und Mentoren Stellensuchende begleiten, ihnen ihr Netzwerk zur Verfügung stellen und wertvolle Tipps für die Stellensuche geben». Der Kanton Baselland ist der dritte Kanton, der Tandem 50 plus einführte. Die Bilanz nach drei Jahren ist sehr positiv. Bisher wurden 220 Stellensuchende von den Regionalen Arbeitsvermittlungsstellen gemeldet. Davon sind 43 % Frauen mit einem Durchschnittsalter von 53 (Männer 55). Von 2016 – 2018 lag die Erfolgsquote bei 69 %. Aktuell sind es sogar 80 %. Unterstützt wird das Programm von 71 Mentoren, die selbst ein Durchschnittsalter von 56 aufweisen. Für Weber bedeutet Mentoring, «zusammen einen Weg gehen». «Uneigennützigkeit und freiwilliges Engagement sind in unserer Gesellschaft nötiger denn je, ohne geht es nicht.»
Beat Eglin