Gibt es «No Go Areas» in Basel?

    Nach weiteren Vorfällen:
    «Problemviertel»-Diskussion flammt wieder auf

    In den letzten Wochen gab es erneut wiederholt besorgniserregende nächtliche Vorfälle in Quartieren in Basel, die man nicht zu den «sichersten» zählt. Darunter auch sexuelle Nötigung(en), wilde Schlägereien, Raub. Und erneut flammt die Frage wieder auf: Gibt es in Basel «No Go Areas»?

    (Bild: Bilddatenbank Basel-Stadt) Die Dreirosenanlage – öfter mal als «Hotspot» bezeichnet aufgrund einiger Vorfälle in den letzten Monaten und Jahren. Alleine sollte man sich nachts dort eher nicht aufhalten.

    In einem vom Schweizerischen Versicherungsverbandes (SVV) veröffentlichten «Sicherheitsmonitor» (ausführende Forschungsstelle mit involvierten 10’401 Personen: Sotomo) wird vermerkt: Die meisten Erwachsenen in der Schweiz fühlen sich sicher, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit in der eigenen Wohngegend zu Fuss unterwegs sind. Dennoch geben 27 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen an, gewisse Orte aus Sicherheitsgründen zu meiden. Vor allem Frauen meiden verlassene Orte, zum Beispiel Parks, Seitenstrassen, Unterführungen oder Parkhäuser. Generell sei «Bewegungsfreiheit» und das «Freisein von Angst» für Frauen zentrale Aspekte von Sicherheit und Freiheit. Dabei zeigen sich – gemäss Studie – starke Übereinstimmungen mit Personen aus dem politisch rechten Spektrum. Derweil aus Frauensicht die Gefahr eines Übergriffs im Vordergrund steht, geht es bei politisch Rechtsstehenden eher um das Fremde, das Unsicherheit auslöst. Auffällig ist zudem, dass sich nicht nur Frauen, sondern auch politisch rechts stehende Personen überdurchschnittlich häufig nicht an bestimmte Orte wagen. Hier sind es besonders eben diese besagten «Problemquartiere» und andere städtische Gebiete, die gemieden werden.

    Ist die Entwicklung von «Problemvierteln» aufzuhalten?
    Gibt es auch in Basel bald so genannte «No Go Areas»? Oder existieren diese bereits? Offiziell wird dies verneint. Aber diese Frage beschäftigt viele in der Region, weil man in anderen mittelgrossen Städten Europas eine Tendenz zur Ausbreitung und Entstehung von «No Go Areas» feststellt. Wir haben bereits in Jahren zuvor mit Ex-Kriminalkommissär und Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Markus Melzl gesprochen, der aufgrund seiner jahrelangen Präsenz in den Medien ein Basler «Original» ist und kein Blatt vor den Mund nimmt. Der ehemalige Kriminalkommissär hat fast das ganze Berufsleben bei der Polizei verbracht, davon 16 Jahre als Mediensprecher der Staatsanwaltschaft. Seit 2012 trage er «einen anderen Hut», wie er gerne zu sagen pflegt. Markus Melzl schreibt und referiert heute über jene Themen, die ihn tagtäglich während seiner Karriere beschäftigten. Political Correctness um der Political Correctness wegen seien nicht sein Ding, sagte er jeweils bei den geführten Interviews. Er hatte auch seine Einschätzungen zum heiklen Thema der Verbrechensbekämpfung und zur Entwicklung der «No Go Areas» in Europas Städten geäussert. Und hielt wie immer mit einer klaren Aussage nicht hinter dem Berg: Die Entwicklung von «Problemvierteln» sei kaum aufzuhalten, war sein Fazit.

    (Bild: Bilddatenbank Basel-Stadt) Die Feldbergstrasse, gelegentlich in den Medien als «nächtlicher Hotspot» bezeichnet.

    Eine «No-Go-Area-Diskussion» bald auch in Basel?
    Einige seiner Artikel über die «No Go Areas» sorgten für Gesprächsstoff. Es stellt sich für viele die Frage, ob in Basel-Stadt auch bald die eine oder andere «schwer kontrollierbare Zone» entsteht. In Basel sei kein ausgesprochenes Problemviertel mit hoher Kriminalitätsrate auszumachen, heisst es von Seiten der Polizei. Wenn auch es gewisse «Problemviertel» gebe mit einer etwas erhöhten Gefahr von Kleinkriminalität und latenter Gewaltbereitschaft. Die Probleme kämen eher von ennet der Grenze. In den mehr oder weniger naheliegenden Städten Mulhouse, Colmar und Belfort existieren brisante Problemviertel, sagen jene, die sich mit dem Thema auseinander setzen. Wenn man den Radius bis Strasbourg ausweite, dann müsse man von hochexplosiven Vierteln mit hoher Kriminalitätsrate sprechen. Bei den Problemvierteln von Mulhouse und Strasbourg dürfe man sehr wohl von No-Go-Areas sprechen, zumal die Polizei auch tagsüber diese Orte nur mit einem grösseren Mannschaftsaufgebot aufsucht. Die Schweiz tue gut daran, sich auf Bundes-, Kantons- und vor allem auf Gemeindeebene aktiv zu bemühen, das Entstehen von Quartieren mit allen Mitteln zu verhindern, wo Ausländer versuchen, sich abzuschotten, sagte Melzl mit Hinblick auf strategische Präventionsmöglichkeiten in einem Interview an dieser Stelle. Der Schritt von der Abschottung zur Parallelgesellschaft und weiter zu No-Go-Areas sei fliessend und nicht sehr gross. Viel geredet würde in diesem Zusammenhang von Migrantenkriminalität und Kriminaltourismus. Ängste seien oftmals irrational, dennoch müssten sie ernst genommen werden.

    Was kennzeichnet ein «Problemquartier»?
    Eine Studie aus Dänemark zeigt auf, was zu einem «Problemviertel» oder gar zu einer Art «Ghetto» führt: Da wird ungeschönt die Ausländerdichte, die Arbeitslosigkeit und das (geringe) Einkommen der Bewohnenden analysiert. Das tut man nicht um zu stigmatisieren – schon gar nicht in einem liberalen Land wie Dänemark – sondern um aufzuzeigen, wo Handlungsbedarf bezüglich Integration besteht und wo Parallelgesellschaften sich entwickeln könnten. Gemäss einer Auswertung, die vor einiger Zeit in der Basler Zeitung mit Hilfe der Daten des Statistischen Amtes Basel Stadt und der genannten Parameter gemacht wurde, hätte Basel drei potenzielle «Problemquartiere»: Klybeck, Kleinhüningen und Matthäus. Das Matthäus-Quartier, Klybeck und Kleinhüningen weisen nicht nur einen hohen Anteil an Ausländern auf, viele Zugewanderte kämen auch aus anderen Kulturkreisen. Auch das Einkommen sei tief(er), respektive die Zahl der Sozialhilfebezüger hoch. Der Basler Stadtentwickler Lukas Ott sah diesbezüglich in einem Kommentar zu dieser Auswertung auf Anfrage der BaZ im selben Artikel , trotz Ausländeranteilen von 50 Prozent oder mehr keine Gefahr, dass die Integration gefährdet sei oder es zu Parallelgesellschaften komme. Für Ott erfülle kein Stadtquartier das Prädikat «No Go Area» oder «Problemviertel oder -quartier».

    JoW


    Noch keine «Zürcher Verhältnisse»

    Im Gegensatz zu Zürich gibt es in Basel keine eigentlichen «definierten No-Go Areas», heisst es wiederholt, wenn man die auskunftgebenden Stellen befragt. Auch nicht, wenn die Nacht einbricht. Jedoch gebe es allerdings eher Örtlichkeiten, die nachts gemieden werden sollten und an denen die Polizei regelmässig intervenieren müsse. Der Grund seien in der Regel einige Begleiterscheinungen der Ausgeh- und Freizeitgesellschaft: Streitereien, Tätlichkeiten oder Lärm beispielsweise, wobei oft Alkohol im Spiel sei. In Zürich sei dies etwas anders: Eine Bevölkerungsumfrage der Stadtpolizei zeigte auf, dass jeder fünfte Zürcher nachts bestimmte Orte meidet, oder sich erst gar nicht alleine auf den Weg macht. Hier wird beispielsweise der Kreis vier von der Bevölkerung wie auch der Polizei als gefährlich eingestuft. Auch Parkhäuser und gewisse Parks gelten laut einer repräsentativen Demoscope Umfrage für eine beträchtliche Zahl von Zürchern in der Nacht als zu gefährlich. Auch die Bahnhöfe schneiden nicht sehr gut ab. Immerhin fünf Prozent finden diese gefährlich.

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